- Einleitung
Die größte Herausforderung des Landwirtschafts- und Ackerbausektors besteht darin, den Schritt tatsächlich vorzunehmen, in digitale Technologien zu investieren. Denn auf kurze Zeit gesehen ist dies für den Landwirt mit hohen Kosten verbunden. Auf lange Zeit gesehen können damit aber die Erträge erhöht und die Umwelt maßgeblich geschont werden.
Bislang gab es drei entscheidende Hauptphasen in der Entwicklung der Landwirtschaft und dem Ackerbau, nämlich die Mechanisierung, die Einführung von Mineraldünger und die Industrialisierung. Die vierte Phase ist die sich aktuell in der Entwicklung befindende Digitalisierung. Die positiven Auswirkungen der intelligenten und digitalen Landwirtschaft können von erheblichem Ausmaße sein.
Als die technologische Landwirtschaft begann (z. B. durch Nutzung der Satellitennavigation und Fernerkundung, um jeden Quadratmeter so effizient und nachhaltig wie möglich zu bewirtschaften), schien es für den durchschnittlichen Landwirt sehr unwahrscheinlich, dass er davon profitiert, da die Kosten zu hoch waren. Heutzutage ist es jedoch für viele Landwirte möglich, eine enorme Datenmenge zu sammeln und preiswerte kleine Verarbeitungsgeräte zu verwenden, um die Informationen zu nutzen und die Geräte damit zu kontrollieren oder Tiere zu überwachen. Die digitale Intelligenz und Konnektivität ermöglicht es den Landmaschinen, Wetterdaten zu erfassen, Ersatzteile zu bestellen oder detaillierte Informationen über das Feld von einer zentralen, Cloud-basierten Farm-Management-Software abzurufen.
Der landwirtschaftliche Sektor in Vietnam steckt jedoch noch in den Kinderschuhen. Die Digitalisierung hat den Sektor noch nicht erreicht. Vietnamesische Landwirte verwenden immer noch einfache Computer, normal zugängliche Internetinformationen sowie allgemeine Informations- und Kommunikationstechnologien. Viele Landwirte erreichten noch nicht einmal die Industrialisierung und Benutzen daher noch das Telefon, die Glühbirne und den Verbrennungsmotor. Nichtsdestotrotz, gibt es mittlerweile einen Zuwachs an Landwirten die anfangen, digitale Technologien und datengetriebene Innovationen zu übernehmen.
- Präzisionslandwirtschaft
Präzisionslandwirtschaft (Precision Agriculture – PA) ist eine Schlüsselkomponente der landwirtschaftlichen Digitalisierung und bedeutet, die genaue und korrekte Menge an Inputs wie Wasser, Dünger, Pestizide usw. zum richtigen Zeitpunkt auf die Ernte aufzubringen, um die Produktivität zu steigern und die Erträge zu maximieren. Außerdem erhalten Landwirte Informationen, um ein Verzeichnis ihres Betriebs aufzustellen, das Treffen von Entscheidungen wird erleichtert, die Rückverfolgbarkeit wird ermöglicht und die Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen verbessert. Schließlich verbessert sich die Produktqualität selbst.
Die effiziente Landwirtschaft muss zunehmen und die Regierung sollte die Investoren dieses Sektors unterstützen. So produzierte von 1900 bis 1930 weltweit jeder Landwirt ausreichend Nahrung, um etwa 26 Menschen zu ernähren. In den 1990 er Jahren führte die sogenannte Grüne Revolution zu neuen Methoden der genetischen Veränderung, sodass jeder Landwirt etwa 155 Menschen ernähren konnte. Die Weltbevölkerung nimmt zu und bis 2050 wird erwartet, dass die Weltbevölkerung fast 10 Milliarden Menschen erreichen wird. Die Nahrungsmittelproduktion muss sich also effektiv verdoppeln. Mit der Einführung neuer technologischer Verbesserungen der Präzisionslandwirtschaft könnte jeder Landwirt mit derselben Fläche etwa 265 Menschen ernähren.
Die ersten Schritte der PA waren Satelliten- und Luftbilder, Wettervorhersagen, die Anwendung von Dünger mit variabler Rate und Indikatoren für die Pflanzengesundheit. Die zweite Welle waren die Maschinendaten für noch präzisere Bepflanzung, topographische Kartierung und Bodendaten.
Ein weiteres Beispiel der entwickelten Technologie ist die Geo-Lokalisierung. Hiermit lassen sich Felddaten erfassen. Es erfolgt eine Analyse der Böden, des Bodenstillstands und des Bodenwiderstands. Außerdem wird der Großteil der Arbeit von selbstlenkenden Traktoren erledigt. Der Landwirt muss nur in Notfällen eingreifen. Durch GPS-Verbindung verbreiten sie Dünger oder Ackerboden. Eine weitere Innovation ist eine solarbetriebene Maschine, die Unkraut identifiziert und mit einer Dosis Herbizid oder Lasern präzise abtötet.
- Präzisions-Viehhaltung
Präzisions-Viehhaltung (Precision Lifestock Farming – PLF) zielt darauf ab, die Produktionseffizienz zu verbessern. Es hilft dem Landwirt und sichert das Wohlergehen des Tieres durch den Einsatz fortschrittlicher Informations- und Kommunikationstechnologien, die gezielte Ressourcennutzung und die genaue Kontrolle des Produktionsprozesses. Durch diese Technologie wird der Beitrag jedes Tieres rationalisiert. Durch diesen individuellen Ansatz kann der Landwirt bessere Ergebnisse in der Viehhaltung erzielen. Diese Ergebnisse können quantitativ, qualitativ und nachhaltig sein.
PLF kann die Tierhaltung erheblich verbessern. Es kann das Wohlergehen der Tiere sicherstellen, da das gesamte Verfahren in landwirtschaftlichen Betrieben dokumentiert wird. Die Emission von Treibhausgasen kann reduziert und die Umweltleistung der landwirtschaftlichen Betriebe verbessert werden. Darüber hinaus kann die PLF die Produktsegmentierung erleichtern und den illegalen Handel mit tierischen Erzeugnissen verringern.
- Vorteile und Hindernisse
Die Verwendung neuer Technologien kann zu höheren Erträgen und mehr Umweltschutz führen. So verzeichneten Betriebe in Deutschland, die moderne digitale Technologien einsetzen, höhere Erträge pro Hektar, reduzierten den Stickstoffgehalt erheblich und reduzierten den Herbizid- und Dieselverbrauch um 10 bis 20%. Landwirte erhalten so eine Investitionsrendite, indem sie Kosten für Wasser, Pestizide und Düngemittel sparen. Der zweite große Vorteil besteht darin, die Umweltschäden zu reduzieren. Die richtige Menge an Chemikalien am richtigen Ort und zur richtigen Zeit kommt Ernten, Böden und Grundwasser und damit dem gesamten Erntezyklus zugute.
Es gibt jedoch kaum Beispiele für eine erfolgreiche Vermarktung von PLF-Technologien. Derzeit gibt es eine Fülle von Informationen für Tierhalter, die jedoch im Allgemeinen nicht so strukturiert sind, dass sie leicht angewendet werden können.
Das Zögern der Landwirte und Investoren ist auf die damit verbundenen Risiken zurückzuführen. Zu den bekannten Risiken zählen finanzielles Versagen aufgrund unvorhergesehener Umwelt- oder Marktbedingungen, Schäden an der landwirtschaftlichen Infrastruktur wie Böden und Weiden, Beeinträchtigungen der Tiergesundheit und des Tierschutzes sowie ein erhöhter Stress für die Landwirte durch die Verwaltung der vermeintlich komplizierteren Systeme. Daher ist es wichtig, ein Managementsystem zu entwickeln, das sicherstellt, dass nur die wichtigsten Verfahren ausgeführt werden, dass alle korrekt und konsistent durchgeführt wird und das Risiko kontrolliert wird.
- Lösungen
Für die Einführung der digitalen Landwirtschaft in Vietnam ist eine gute Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen Sektor, Akteuren der Industrie und der Landwirtschaftsgemeinden von großer Bedeutung. Insbesondere müssen die Entscheidungsträger und die nationale Regierung sicherstellen, dass die grundlegende digitale Infrastruktur für schnell wachsende Datenströme hinsichtlich Netzabdeckung und Übertragungsraten in ländlichen Gebieten geschaffen wird. Darüber hinaus muss die Regierung Anreize setzen, um Investitionen in die Landwirtschaft anzukurbeln, insbesondere bei niedrigen Rohstoffpreisen. Schließlich ist es wichtig, dass die Landwirte die bevorstehende Änderung akzeptieren und handhaben können. Nicht nur ihre Haltung ist wichtig, sondern auch, sicherzustellen, dass sie über die erforderlichen digitalen Fähigkeiten verfügen.
Der internationale Markt kann nur durch mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit erreicht werden. Für Verbraucher und Einzelhändler wird es immer wichtiger, die Herkunft ihrer Lebensmittel zu ermitteln. Wie wurde ein Getreide angebaut, unter welchen Bedingungen ist das Tier aufgewachsen und gezüchtet worden. Das Sammeln dieser Informationen kann gleichzeitig die Dokumentation der Betriebe zur Einhaltung der Rechtsvorschriften vereinfachen. Schließlich brauchen Landwirte die Sicherheit, das Eigentum und die Kontrolle über ihre Daten zu behalten. Hierzu muss ein Vertragsgesetz geregelt werden, das besagt, dass die auf einem Bauernhof erzeugten Daten Eigentum des Landwirts sind.
- Ausblick auf die wichtigen Handelsabkommen TPP 11, EUVNFTA und das Investitionsschutzabkommen
US-Präsident Donald Trump hat im Januar 2017 beschlossen, sich von der US-Beteiligung am TPP zurückzuziehen. Im November 2017 trafen sich die verbleibenden TPP-Mitglieder auf dem APEC-Treffen und beschlossen, das nunmehr genannte CPTPP (TPP 11) ohne die USA voranzutreiben. Die Bestimmung der Vereinbarung sah vor, dass sie 60 Tage nach der Ratifizierung von mindestens 50% der Unterzeichner (sechs der elf teilnehmenden Länder) in Kraft tritt. Das sechste Land, das das Abkommen ratifiziert hatte, war Australien am 31. Oktober 2018. Daher wird das Abkommen am 30. Dezember 2018 endgültig in Kraft treten. Kürzlich wurde Vietnam am 12. November 2018 offiziell das siebte Mitglied der CPTPP.
Das CPTPP zielt darauf ab, die Tariflinien und Zölle zwischen den Mitgliedstaaten für bestimmte Waren und Güter bis zu 100% zu beseitigen. Dadurch wird der vietnamesische Markt aufgrund von technologischen Fortschritten und der Senkung der Produktionskosten attraktiver. Die Auswirkungen des TPP 11 versprechen dem vietnamesischen Landwirtschaftssektor große Vorteile und werden die nationale Landwirtschaft Vietnams bei der Umwandlung in einen autarken und wettbewerbsfähigen Sektor unterstützen. Darüber hinaus sind nachhaltige Umgebungen ein vorrangiges Anliegen des Abkommens. Mit dem Meistbegünstigungsprinzip sorgt das TPP 11 für einen fairen Wettbewerb, der ausländische Investitionen anzieht und den Agrarsektor bei seinem Umstrukturierungsprozess unterstützt. Darüber hinaus müssen die nationalen Landwirte hoch entwickelte Technologien in Bezug auf Nährstoffe und Tiergesundheit einsetzen, um wettbewerbsfähig zu sein. Dies wird zu mehr Sicherheit und Vertrauen des Verbrauchers auf dem landwirtschaftlichen Markt in Vietnam führen.
Ein weiteres bemerkenswertes wichtiges Handelsabkommen ist das Europäische Union – Vietnam Freihandelsabkommen (EUVNFTA). Das EUVNFTA bietet großartige Möglichkeiten, neue Märkte sowohl für die EU als auch für Vietnam zu erschließen und mehr Kapital nach Vietnam zu bringen, aufgrund von erleichtertem Zugang und weil fast alle Tarife um bis zu 99% gesenkt werden sowie wegen der Verpflichtung, bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen.
Beide Abkommen versprechen große Vorteile für die Landwirtschaft und den Ackerbau in Vietnam. Die Lebensmittelindustrie ist im Allgemeinen eine sehr zurückhaltende Branche. Natürlich investieren Landwirte normalerweise einen Teil ihrer Gewinne in Technologie, sie kaufen jedoch häufig nur die gewöhnlichen Maschinen anstelle von neuen Technologien wie Software oder Sensoren. Die Handelsabkommen könnten zum Ende dieses Zögerns führen und schließlich den wirtschaftlichen Nutzen der neuen Technologien demonstrieren. Darüber hinaus könnte die Koordinierung zwischen Forschern, Entwicklern und Technologieanbietern von PLF-Werkzeugen vereinfacht werden.
Damit zumindest einige Teile des Freihandelsabkommens auf EU-Ebene schneller ratifiziert werden können, haben die EU und Vietnam vereinbart, Investitionsbestimmungen, für die eine Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten erforderlich ist, aus dem Hauptabkommen zu ziehen und diese in dem gesonderten Investment Protection Agreement (IPA) aufzuführen. Derzeit wird erwartet, dass sowohl das Freihandelsabkommen als auch das IPA Ende 2018 förmlich dem Rat vorgelegt werden, wodurch das Freihandelsabkommen möglicherweise in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 in Kraft treten kann.
Darüber hinaus sorgt das Investor State Dispute Settlement (ISDS) für höchste Standards der Rechtssicherheit sowie der Durchsetzbarkeit und des Schutzes der Anleger. Jeder Investor sollte diese Standards nutzen. Es wird im Rahmen des TPP 11 und des EUVNFTA angewandt. Nach dieser Bestimmung haben die Anleger bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit Investitionen das Recht, durch internationale Schiedsverfahren Ansprüche gegen das Gastland zu erheben. Das Schiedsverfahren wird aus Gründen der Transparenz in Konfliktfällen öffentlich gemacht.
Weitere Sicherheiten sind im Government Procurement Agreement (GPA) enthalten, das Bestandteil des TPP 11 und des EUVNFTA sein wird. Das GPA beider Verträge regelt hauptsächlich die Anforderungen darüber, Bieter oder inländische Bieter mit Investitionskapital und vietnamesische Bieter gleich zu behandeln, wenn eine Regierung Waren kauft oder eine Dienstleistung anfordert, die den relevanten Schwellenwert überschreitet. Vietnam verpflichtet sich, Informationen zu Ausschreibungen rechtzeitig zu veröffentlichen, den Bietern ausreichend Zeit zu geben, Angebote vorzubereiten und einzureichen und die Vertraulichkeit der Angebote zu wahren. Das GPA beider Abkommen verlangt auch, dass die Vertragsparteien Angebote auf der Grundlage fairer und objektiver Grundsätze bewerten, Angebote nur anhand der in Bekanntmachungen und Ausschreibungsunterlagen festgelegten Kriterien bewerten und vergeben, ein wirksames System für Beschwerden und Streitbeilegung schaffen und vieles mehr. Dieses Instrument wird daher einen fairen Wettbewerb, Projektqualität und effiziente Entwicklungsprozesse gewährleisten.
Wenn Sie dazu Fragen haben, wenden Sie sich bitte an Dr. Oliver Massmann unter [email protected]. Dr. Oliver Massmann ist Generaldirektor von Duane Morris Vietnam LLC.
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