- Einleitung
Vietnam ist eines der Länder Asiens mit dem beeindruckendsten Wirtschaftswachstum. Die Inflation bleibt gut kontrolliert und die Devisenreserven auf dem höchsten Stand seit Jahren und sie steigen weiterhin. Die Regierung hat sich stets bemüht, Geschäfte und Investitionen zu fördern, Unternehmen zu unterstützen, Verwaltungsverfahren zu optimieren und neue Investoren nach Vietnam zu bringen.
Um die neuen Richtlinien, einschließlich der Richtlinie Nr. 20 / CT-TTg und der Richtlinie Nr. 07 / CT-TTg, weiter wirksam umzusetzen, hat der Premierminister die Ministerien und lokale Behörden dazu aufgefordert, sich auf die zügige Umsetzung folgender Ziele zu konzentrieren. Den Entwurf eines Gesetzes zur Optimierung der Steuergesetze und Lösung aktueller Steuerfragen; einfache Steuer- und Buchhaltungssysteme für kleine und mittlere Unternehmen zu schaffen sowie den Entwurf eines Wertpapiergesetzes zur Verbesserung des Anlegerumfelds für ausländische direkte Investitionen (FDI´s).
Nichtsdestotrotz gibt es nach wie vor eine Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Steuer- und Zollpolitik, die sich auf die Entscheidungen von Investoren auswirken könnten. Im Folgenden werden spezifische Probleme behandelt.
- Anlageschutz
Jeder Anleger erhält von der zuständigen Behörde Lizenzen, die gegenseitige Verpflichtungen zwischen der vietnamesischen Regierung und den Anlegern beinhalten. Diese Dokumente sind essentiell für den Anleger, denn sie sichern seine Investitionen in Vietnam. Bislang wurde der Grundsatz des Investitionsschutzes in den Investitionsgesetzen stets beachtet. Zum Beispiel kann ein Anleger, wenn sich die Gesetzeslage in Bezug auf Investitionsanreize für ihn negativ ändert, sich weiterhin auf seine in den Lizenzen festgeschriebenen Anreize berufen. Er braucht daher keine Verschlechterung zu befürchten.
Leider gibt es jedoch einige Fälle, in denen ein Unternehmen zunächst mit der Zusage bestimmter Anreize lizenziert wurde, diese von der Steuerbehörden nach erfolgter Steuerprüfung jedoch trotzdem abgelehnt wurden. Teilweise begründeten die Steuerbehörden dies mit Fehlern, die die Genehmigungsbehörden im Lizenzverfahren gemacht haben. Daraufhin mussten die Unternehmen zusätzliche Steuern, Verzugszinsen und sogar Strafen wegen falscher Steuererklärung zahlen.
Aus Sicht der Investoren ist dies selbstverständlich ein riesen Dorn im Auge. Die Regierung habe ihre Verpflichtungen nicht eingehalten und den Grundsatz des Investitionsschutzes missachtet. Die Unternehmen seien hier für einen Fehler der Regierungsbehörden zu Rechenschaft gezogen worden. Derartige Situationen können zum Vertrauensverlust der Anleger führen und neue Investoren abschrecken.
Im Interesse der vietnamesischen Wirtschaft, insbesondere, damit weiterhin ausländische Direktinvestitionen an Land gezogen werden können, lautet die Empfehlung daher ganz klar, dass statt der Unternehmen, die den Fehler machende Genehmigungsbehörde die Konsequenzen tragen sollte. Ob sie Fehler bezüglich der steuerlichen Anreizkriterien macht und daher ein falsches Investmentzertifikat (IZ) ausstellt, liegt alleine in ihrem Verantwortungsbereich. Schließlich hat die Behörde gegenüber den Unternehmen einen erheblichen Wissensvorsprung und es kann den Unternehmen nicht zugemutet werden, jede Lizenz auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Wird ein Fehler nach der Ausstellung eines IZ festgestellt, sollte die Genehmigungsbehörde den Anlegern den Fehler und die Ursachen bei der Berechnung mitteilen und erst ab diesem Zeitpunkt an auf die neue, korrekte Steuerberechnung anwenden.
- Erstattung der Mehrwertsteuer
Die Steuervorschriften unterliegen ständiger Veränderungen. Das ist auch nötig, um den wirtschaftlichen Entwicklungen des Landes Rechnung zu tragen. Die steuerlichen Bestimmungen sind jedoch, wie in fast jedem Rechtsgebiet, nicht immer ganz klar und können unterschiedlich ausgelegt werden. Deswegen sollte die Umsetzung der Steuerpolitik auf vernünftigen Kriterien basieren und möglichst einheitlich erfolgen. Die Mehrwertsteuer sollte für keinen der Beteiligten Kosten bzw. Einnahmen bedeuten.
In den einschlägigen Steuervorschriften hat die Regierung Leitlinien für verschiedene Fälle zur Verfügung gestellt, die Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer haben. In der Praxis scheinen lokale Steuerbeamte jedoch sehr eifrig nach Fehlern zu suchen, due der Steuerzahler begangen hat. Dies gilt selbst bei einfachen Formalien oder bloßen Verwaltungsfehlern. In der Folge wird die Erstattungsfähigkeit abgelehnt und die Steuererhebung erhöht, anstatt die Art der Transaktion zu untersuchen.
Als Beispiel kann ein Fall angeführt werden, in dem die Erstattung eins Steuerzahlers abgelehnt wurde, weil das Erstattungsdossier verspätet eingereicht wurde oder ein das falsche gesetzliche Formular zu Erstattungszwecken verwendet wurde, obwohl der Steuerpflichtige dies dann anschließend korrigierte.
Darüber hinaus gelten besondere Bestimmungen für die Erstattung der Vorsteuer während der Bauzeit. Gemäß den mehrwertsteuerlichen Vorschriften wird die in der Bauzeit entstehende Vorsteuer erstattet, wenn der Betrag 300 Mio. VND und mehr beträgt. Diese Politik hat dazu beigetragen, die Bargeldsituation von Anlegern zu verbessern.
Allerdings scheint es auch hier eine unterschiedliche Behandlung der Vorsteuer und der Rückerstattung zu geben. So müssen Investoren bei einem Erweiterungsprojekt zunächst die während der Bauphase für die Erweiterungsphase angefallene Vorsteuer mit der Ausgangssteuer aus der laufenden Geschäftstätigkeit verrechnen und wenn die Vorsteuer nach Offset noch immer über 300 Millionen VND liegt, ist erst dann eine Rückerstattung möglich.
Insgesamt besteht das Ziel daher darin, eine Vereinheitlichung der Anwendung der Erstattungsprozesse zu erreichen. Die Vorsteuerrückerstattung sollte einheitlich zwischen neuen Investitionsprojekten und Erweiterungsprojekten angewandt werden, sofern der Steuerpflichtige die Bedingung erfüllt, dass der Vorsteuerbetrag mehr als 300 Millionen VND beträgt. Es sollte keine unterschiedliche Behandlung geben, denn in Bauprojekten geht es für gewöhnlich um sehr hohe Beträge, dementsprechend wird in der Bauphase der Betrag der Vorsteuer, der erhoben werden müsste, auch sehr hoch sein. Eine Erstattung dieser Vorsteuer käme dem Anleger erheblich zu Gute und fördert daher neue Investitionen.
- Doppelbesteuerung von importiertem Material
Zuletzt soll noch das Problem der Doppelbesteuerung genannt werden. Für Material, das für die Auftragsfertigung eingeführt wird und die fertigen Produkte anschließend an ein inländisches Unternehmen in Vietnam geliefert werden (unter der Aufsicht des Käufers in Übersee), findet die Befreiung von den Einfuhrabgabe nicht statt. Darüber hinaus muss das vietnamesische Unternehmen bei der Einfuhr der Fertigprodukte auch Einfuhrzölle zahlen. Offensichtlich werden die importierten Materialien tatsächlich einmal nach Vietnam importiert, unterliegen jedoch zweimal der Einfuhrsteuer, was völlig unvernünftig ist.
- Ausblick auf die wichtigen Handelsabkommen TPP 11, EUVNFTA und Investitionsschutzabkommen
US-Präsident Donald Trump hat im Januar 2017 beschlossen, sich von der US-Beteiligung am TPP zurückzuziehen. Im November 2017 trafen sich die verbleibenden TPP-Mitglieder auf dem APEC-Treffen und beschlossen, das nunmehr genannte CPTPP (TPP 11) ohne die USA voranzutreiben. Die Bestimmung der Vereinbarung sah vor, dass sie 60 Tage nach der Ratifizierung von mindestens 50% der Unterzeichner (sechs der elf teilnehmenden Länder) in Kraft tritt. Das sechste Land, welches das Abkommen ratifiziert hatte, war Australien im Oktober 2018. Im November 2018 wurde Vietnam offiziell das siebte Mitglied der CPTPP. Das Abkommen ist nunmehr am 30. Dezember 2018 offiziell in Kraft getreten, in Vietnam am 14. Januar 2018.
Das CPTPP zielt darauf ab, die Tariflinien und Zölle zwischen den Mitgliedstaaten für bestimmte Waren und Güter bis zu 100% zu beseitigen. Dies wird in vielen Bereichen und vor allem im Finanzsektor zu Reformen im eigenen Land führen. Infolgedessen könnten die oben genannten Probleme schrittweise angegangen werden, sodass mehr ausländische Direktinvestitionen nach Vietnam kommen werden.
Ein weiteres bemerkenswertes wichtiges Handelsabkommen ist das Europäische Union – Vietnam Freihandelsabkommen (EUVNFTA). Es bietet großartige Möglichkeiten, neue Märkte sowohl für die EU als auch für Vietnam zu erschließen und mehr Kapital nach Vietnam zu bringen, aufgrund von erleichtertem Zugang und weil fast alle Tarife um bis zu 99% gesenkt werden sowie wegen der Verpflichtung, bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Darüber hinaus wird das EUVNFTA die meisten Wirtschaftssektoren in Vietnam stärken. Das Problem der Doppelbesteuerung von importiertem Material dürfte sich im Anwendungsbereich des Abkommens von selbst erledigen.
Damit zumindest einige Teile des Freihandelsabkommens auf EU-Ebene schneller ratifiziert werden können, haben die EU und Vietnam vereinbart, Investitionsbestimmungen, für die eine Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten erforderlich ist, aus dem Hauptabkommen zu ziehen und diese in dem gesonderten Investment Protection Agreement (IPA) aufzuführen. Derzeit wird das Inkrafttreten der Abkommen in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 erwartet.
Darüber hinaus sorgt das Investor State Dispute Settlement (ISDS) für höchste Standards der Rechtssicherheit sowie der Durchsetzbarkeit und des Schutzes der Anleger. Jeder Investor sollte diese Standards nutzen. Es wird im Rahmen des TPP 11 und des EUVNFTA angewandt. Nach dieser Bestimmung haben die Anleger bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit Investitionen das Recht, durch internationale Schiedsverfahren Ansprüche gegen das Gastland zu erheben. Das Schiedsverfahren wird aus Gründen der Transparenz in Konfliktfällen öffentlich gemacht.
Weitere Sicherheiten sind im Government Procurement Agreement (GPA) enthalten, das ein Bestandteil des TPP 11 und des EUVNFTA bildet. Das GPA beider Verträge regelt hauptsächlich die Anforderungen darüber, Bieter oder inländische Bieter mit Investitionskapital und vietnamesische Bieter gleich zu behandeln, wenn eine Regierung Waren kauft oder eine Dienstleistung anfordert, die den relevanten Schwellenwert überschreitet. Vietnam verpflichtet sich, Informationen zu Ausschreibungen rechtzeitig zu veröffentlichen, den Bietern ausreichend Zeit zu geben, Angebote vorzubereiten und einzureichen und die Vertraulichkeit der Angebote zu wahren. Das GPA beider Abkommen verlangt auch, dass die Vertragsparteien Angebote auf der Grundlage fairer und objektiver Grundsätze bewerten, Angebote nur anhand der in Bekanntmachungen und Ausschreibungsunterlagen festgelegten Kriterien bewerten und vergeben, ein wirksames System für Beschwerden und Streitbeilegung schaffen und vieles mehr. Dieses Instrument wird daher einen fairen Wettbewerb, Projektqualität und effiziente Entwicklungsprozesse gewährleisten.
Wenn Sie dazu Fragen haben, wenden Sie sich bitte an Dr. Oliver Massmann unter [email protected]. Dr. Oliver Massmann ist Generaldirektor von Duane Morris Vietnam LLC.
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